KARNEVAL GABROVO
Geschichte
Am Anfang war … Oleliynya
Es gibt keine schriftlichen Belege und keine Veröffentlichungen darüber, wann genau der erste Massenkarneval in Gabrovo stattfand, aber es gibt keinen Gabrover, der nicht weiß, dass alles im 19. Jahrhundert mit einem lauten, fröhlichen Umzug maskierter Menschen begann, der als Oleliynya bekannt ist. Am Samstag vor Sirni Zagovezni /Fastnachtdienstag/ hielten die Gabrover ihr größtes traditionelles Treffen des Jahres ab, um die Sorgen des Alltags abzuschütteln und die Welt mit neuen Augen zu sehen. Ganz philosophisch empfanden sie die Vergänglichkeit der Dinge, durchbrachen die alltägliche Ordnung und machten den Weg frei für das Reich des Unvorhergesehenen und Überraschenden. Auf dem Fest herrschten das Lustige und das Komische vor, und die Welt wurde auf den Kopf gestellt.
An diesem Tag verkleideten sich die Verkäufer in farbenfrohen Kleidern und boten zufrieden allerlei Leckereien für die zarte menschliche Seele an – mehr als zehn Sorten Halva, Peynir-Sheker, weißen Gabrovo-Pivoquas, Kränze, Wein und Schnaps, Stücke frisch geschlagene Butter – mit Holzlöffel geziert, und ür die Kinder – Zuckerhähne, Stachelbeeren am Stiel, Schokolade und Bonbons, billiger Schmuck für junge und alte Bräute und Junggesellen, für die Mädchen – bunte Pantoffeln und glänzende Gürtel.
In den ruhigeren Stunden von Padalo, auf der großen Wiese außerhalb der Stadt, spielte die Stadtkapelle im Freien. Die Menschen spielten die Volkstänze Horo und Ratschenitza. Leierkästen spielten alte Schlager. Es wurden Liederbücher angeboten. Unter einem bunten Schirm, maskiert oder auf Stelzen, sangen Volkssänger mal fröhliche mal traurige Lieder. Für die Gabrovo Oleliynya reisten Komiker aus dem ganzen Land mit Weidenkoffern an, und Zigeuner spielten mit Bären und Affen.
Kukeri aus Thrakien verjagten die bösen Mächte des Winters und des unfruchtbaren Jahres und feierten mit ihren Tänzen Wohlstand und Gutes.
Die Oleliynya dauerte bis spät in der Nacht. In der Abenddämmerung waren bereits die ersten Maskierten zu sehen, die sich in Gruppen bewegten und die Gastgeber an den Toren zum Lachen brachten… Der Karnevalssonntag kam!!!
Die farbenfrohe, bunte und fröhliche Prozession begann am Sonntagnachmittag und dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit. Und mit der reinigenden macht der Masken, wie der Kraft der Vergebung, wurde das Böse vergessen!
…”Und da begann die Oleliynya am 19. Jahrhundert und dauerte über das 20. bis hin zum 21 Jahrhundert. Weder Kapitalismus noch Sozialismus, noch die demokratischen Veränderungen schreckten sie auf. Egal ob die Oleliynya nun am Fastnachtdienstag durchgeführt wurde, ob sie mit dem Maifest des Humors „verbunden“ war – alle erwarteten dieses Fest. Das Karnevalsfest hatte verschiedene Gesichter – mal floss als eine Prozession, mal verwendete Podien und Bühnen, mal fand das Fest an den Plätzen statt. Die Feier nahm verschiedene Gesichter an, je nachdem, wer sie organisierte – zuerst war sie spontan, volkstümlich, dann gaben ihr die Fabrikschichten einen Glanz, dann kümmerte sich die Partei darum, dann die Gemeinde, mal hatte sie einen Direktor, mal nicht… Nur zweimal gingen die Einwohner von Gabrovo ohne ihre fünfte Jahreszeit – während des Zweiten Weltkriegs und in den ersten Jahren der Wende /1990-1998/. Als die Europäische Kommission 1998 der Regierung von Gabrovo etwas Geld gab, um es für die wichtigsten Dinge in dieser schrecklichen Finanzkrise zu verwenden, beschloss die Regierung, dieses Geld in Zusammenarbeit mit den Kulturinstituten und Schulen für einen Spektakel auszugeben, da es nicht für das Brot des Volkes reichte. So entstand Euroden ‘98 – nach einer achtjährigen Pause ist der Karneval wieder da!“ – Tatyana Tsankova
Warum entstand der Karneval ausgerechnet in Gabrovo? Wahrscheinlich wegen des einzigartigen Humors, der Sparsamkeit, der Berechnung, der Selbstkritik, der Kreativität der Gabrover und ihrer ewigen Lust am Spaß, die uns heute noch bekannt sind!
/Auszüge aus dem Buch „Die Karneval in Gabrovo“ von Mirela Kostadinova wurden in diesem Beitrag verwendet/